Ein Gefühl ist wie ein Kind, das in uns lebt und weint und lacht, Hunger hat und bemerkt sein will.
Wer zu seinen Gefühlen zu oft sagt: „Sei still, ich habe jetzt keine Zeit für dich“, dessen inneres Kind sitzt eines Tages in einer vergessenen Ecke und trauert, wird krank und verkümmert.
Mit Gefühlen soll man umgehen wie man mit einem Kind umgeht. Man sieht ihm freundlich zu und aufmerksam. Man hört, was es klagt, man leidet mit ihm, wenn es leidet.
Denn Gefühle sind die lebendigsten Kräfte in uns, und keine andere Kraft in uns bringt so Lebendiges hervor.
Ein Kind hat auch Wünsche, berechtigte, gute, schöne, die nicht zu erfüllen sind. Dann nehmen wir es auf den Arm und sind mit ihm traurig. Aber wir schicken es nicht weg. Ein Kind kann verstehen, dass es nicht alles haben kann. Aber lieben muss man es, ihm Mut geben und Fröhlichkeit, und Raum, seine Kräfte zu regen.
aus: „Was bleibt, stiften die Liebenden“ von Jörg Zink